II. Wege aus der Massenarbeitslosigkeit
1. Arbeitszeit verkürzen
2. Öffentliche Dienstleistungen ausbauen
3. Einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor schaffen
4. Beschäftigungsoriertierte Wirtschafts und Strukturpolitik
5. Ausbildungsplätze schaffen, berufliche Bildung reformieren!
6. Für eine europäische Beschäftigungspolitik
III.Einen neuen Sozialvertrag durchsetzen
1. Das Solidarprinzip erneuern
2. Soziale Grundsicherung verwirklichen
3. Kommunale Daseinsvorsorge und der Ausbau sozialer Standards als Feld alternativer kommunaler Sozialpolitik
4. Niemand darf wegen seiner Behinderungen
benachteiligt werden
5. Erhalt und Ausbau der solidarischen Gesundheitssicherung
6. Die Renten sichern
7. Für die Entwicklung einer internationalen und europäischen Sozialordnung und einer europäischen Sozialunion
2. Die Bundesregierung hat sich endgültig vom Ziel der Vollbeschäftigung verabschiedet. Das Finanz und Großkapital instrumentalisiert die Arbeitslosigkeit, um Löhne zu drücken, Sozialleistungen einzuschränken und soziale Sicherungen auszuhebeln. Prekäre Arbeitsverhältnisse werden ausgedehnt, soziale Deregulierung rücksichtslos und in einem bisher nicht gekanntem Ausmaß fortgeführt. Ein zunehmender Teil der Bevölkerung wird dauerhaft gesellschaftlich ausgegrenzt.
Diese Politik widerspricht diametral den ökonomischen, sozialen
und ökologischen Herausforderungen. Sie verschärft Tendenzen der Vereinzelung und Entsolidarisierung der Menschen. Sie wirkt gesamtwirtschaftlich kontraproduktiv, indem sie wesentliche Bedingungen für die volkswirtschaftliche Reproduktion und den ökologischen und sozialen Umbau untergräbt. Vor allem aber zerstört sie menschliche Zukunftschancen. Die ,Reformen" gehen vor allem zu Lasten der Kinder und Jugendlichen, ihrer Bildungs-, Qualifizierungs- und Arbeitsplatzchancen, zu Lasten der gesundheitlichen Vorsorge, der Kultur und des Umweltschutzes. Was als Reformen ausgegeben wird, ist im Kern die Rücknahme und Zerstörung des Reformwerkes, der Sozialreformen der letzten 100 Jahre.
3. Die Politik der Bundesregierung ist nicht alternativlos. Die PDS will die Massenarbeitslosigkeit durch einen Umbau des Systems der gesellschaftlichen Arbeit überwinden, der eine neue Art von Vollbeschäftigung hervorbringt. Sie will den Sozialstaat auf der Grundlage eines neuen Sozial- und eines Geschlechtervertrags verteidigen und weiterentwickeln. Die PDS setzt sich für ein Bündnis der gesellschaftlichen Kräfte ein, die die Massenarbeitslosigkeit bekämpfen und den Sozialsstaat verteidigen. Die angestauten Probleme sind nur zu lösen, wenn die Umverteilung der Einkommen und Vermögen von oben nach unten mit der Zurückdrängung der Massenarbeitslosigkeit und mit dem ökologischen Umbau der gesamten Produktions- und Lebensweise verknüpft wird. Die dafür notwendigen Konzepte müssen auf eine demokratisch gesteuerte, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung gerichtet sein. Erforderlich sind zukunftsfähige technisch-technologische und ökologische Innovationen, die auch die Möglichkeiten von Hochtechnologien für eine effektive Wertschöpfung im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich nutzen.
Bei unseren Vorschlägen für eine energische Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit lassen wir uns von folgenden Positionen leiten:
* Der Kampf um Überwindung der Massenarbeitslosigkeit beinhaltet das Ringen um Zurückdrängung der Profitdominanz und damit um Einschränkung der Verfügungsgewalt der Kapitaleigentümer, soweit sie grundlegende soziale und ökologische Interessen der Menschen gefährdet.
* Sinnvolle bezahlte, menschenwürdige Existenz sichernde Arbeit für alle, die daran teilhaben wollen und können, ist die Voraussetzung für selbstbestimmtes Leben.
* Menschliche Emanzipation setzt voraus, die Diskriminierung der
Frauen zu überwinden und die Gleichstellung der Geschlechter zu
erreichen. Die Umverteilung der Arbeit zwischen Männern und Frauen
ist dafür unabdingbar. Arbeitsinhalte und bedingungen müssen
grundlegend verändert werden.
* Neue technologische, wirtschaftliche und ökologische
Entwicklungslinien beeinflussen wesentlich das System der
gesellschaftlichen Arbeit. Sie beinhalten sowohl Chancen als auch
Risiken für sinnvolle bezahlte Arbeit und die Lösung globaler
Probleme.
* Den Gewerkschaften kommt im Kampf gegen Massenarbeitslosigkeit
und für den Umbau des Systems der Arbeit eine zentrale Rolle zu.
Die PDS unterstützt Aktivitäten zur Verteidigung
gewerkschaftlicher Errungenschaften, insbesondere der
Flächentarifverträge, des Kündigungsschutzes sowie der
Lohnfortzahlung bei Krankheit und zur Organisation
gewerkschaftlicher Gegenmacht. Mit den Gewerkschaften setzt sich
die PDS für europäische und internationale Zusammenarbeit gegen
Standortkonkurrenz und Sozialdumping ein.
* Mit den bisherigen Instrumenten (ABM, Lohnkostenzuschüsse,
Umschulung usw.) der Arbeitsmarktpolitik und der
Wachstumsorientierung können Massenarbeitslosigkeit und
Ausbildungsmisere nicht überwunden und Vollbeschäftigung nicht
realisiert werden. Das macht die Nutzung dieser Instrumente zur
Milderung der bestehenden Probleme jedoch nicht überflüssig. Die
PDS wendet sich gegen die Kürzung der Bundeszuschüsse für die
Bundesanstalt für Arbeit und die Reduzierung von ABM.
* Der Gesellschaft geht jedoch nicht die Arbeit aus, sondern die
an die Kapitalverwertung gebundene Erwerbsarbeit. Der Umfang
sinnvoller, dringend zu verrichtender Arbeit, die in dieser
Gesellschaft liegenbleibt, nimmt weiter zu. Behauptungen, die
vorgeschlagenen Maßnahmen hierfür wären nicht finanzierbar, halten
keiner soliden Prüfung stand.
Die PDS ist bereit, Lösungskonzepte von anderen aufzugreifen, über Alternativen zu streiten und um Veränderungen zu ringen.
Deshalb schlagen wir vor:
* Veränderung der Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland, um ihre
Wirksamkeit für die Schaffung perspektivischer Arbeitsplätze zu
erhöhen.
Die Bereitstellung von Fördermitteln ist unmittelbar an
Arbeitsplatzwirkungen zu koppeln. Fördermittel dürfen nur an
Unternehmen vergeben werden, die nachweislich die geltenden
tariflichen Bestimmungen einhalten, die Wahl von Betriebsräten
zulassen und nicht fortgesetzt gegen gesetzliche
Schutzbestimmungen verstoßen.
Größere Förderbeiträge dürfen nur für solche Unternehmen
genehmigt werden, von denen nachweisbare regionale Verflech
tungsbeziehungen und damit indirekte Arbeitsplatzeffekte
ausgehen.
Die Wirtschaftsförderung in den neuen Bundesländern muß stärker
auf technologische, Erzeugnis und ökologische Innovationen
gerichtet werden. Die PDS setzt sich dafür ein, daß die Gemein
schaftsaufgabe ,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"
so reformiert wird, daß ihre Mittel wirksamer zur Schaffung von
Arbeitsplätzen und zur Entwicklung regionaler
Wirtschaftskreisläufe insbesondere in Ostdeutschland beitragen
und einem gegenseitigen Ausspielen einzelner Kommunen und Regionen
entgegenwirken.
* Die Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
insbesondere in Ostdeutschland zu verbessern. Bei ihnen liegt
großes Potential zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
Das setzt vor allem voraus, ihre ökonomischen und technischen
Wettbewerbsnachteile gezielt zu überwinden, vor allem durch ihre
bessere Ausstattung mit Eigenkapital, eine wirksamere
Absatzförderung und Marketingunterstützung sowie Technologie
und Managementberatung. Technologieorientierte Unternehmen müssen
durch Bereitstellung von Risikokapital unterstützt werden. Die
bisherige Abhängigkeit von den privaten Hausbanken muß durch
eine stärkere Mitwirkung von Sparkassen und landeseigenen
Bürgschaftsbanken zurückgedrängt werden.
Durch Stärkung ihrer
Finanzkraft müssen die Spielräume der Kommunen für ein aktives
Engagement zur gezielten Förderung von KMU, vor allem durch
Auftragsvergabe, erhöht werden.
In der Aus und Weiterbildung
sowie im Erwerbsleben sollen Betroffene größere
Einflußmöglichkeiten auf den Erhalt, die Schaffung und
Modernisierung ihrer Arbeitsplätze sowie auf die ökosoziale
Konversion der Produktion erhalten. Die PDS ermutigt
Belegschaften, in Alternative zu Unternehmensstrategien eigene
Innovationsvorstellungen zu entwickeln und diese in die
Diskussion über regionale und überregionale Entwicklungskonzepte
einzubringen.
* Regelmäßige Analyse der Lage auf den lokalen und regionalen
Arbeitsmärkten im Zusammenhang mit der Wirtschafts und
Strukturentwicklung.
Solche beschäftigungspolitischen Berichte sollen gemeinsam durch
Verwaltungen, wissenschaftliche Einrichtungen und Betroffene
erarbeitet und ausgewertet werden. Sie sollen die konzeptionelle
Arbeit für einen Arbeitsplätze schaffenden und umweltförderlichen
Strukturwandel begünstigen und Maßnahmen zur Verbesserung der
Bedingungen für die benachteiligten arbeitsmarktpolitischen
Zielgruppen unterstützen. Sie werden um so wirksamer sein, je
mehr sie sich auf regionale Entwicklungskonzepte stützen können.
Darin sollten solche Komplexe wie Energiegewinnung aus
regenerativen Quellen, Technologien zur Energie , Rohstoff und
Materialeinsparung, Bau und Sanierung von Wohnungen, Gestaltung
des Wohnumfeldes, Ausbau des ÖPNV einen zentralen Platz
einnehmen.
* Die Kooperation von Beschäftigungsgesellschaften, ABM Projekten, regionalen Vertretungskörperschaften, Betroffeneninitiativen, der ortsansässigen Privatunternehmen sowie Bildungs und Forschungseinrichtungen zu verbessern, um alle Möglichkeiten für Arbeitsplatzsicherung und schaffung zu nutzen.
* Verlagerung der Fördermittel der Bundesanstalt für Arbeit auf die mittleren und unteren Ebenen der Arbeitsverwaltung, wie auch Ausstattung der Kommunen mit speziellen Fonds für eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Hierbei geht es gleichzeitig um einen Gewinn an alltagsnaher Demokratie, weil über die basisnahe Mittel verwaltung nicht nur die Kompetenz der Verwaltungsräte in den lokalen Arbeitsämtern gestärkt wird, sondern auch die Handlungsfähigkeit der kommunalen Körperschaften und die Basisstrukturen der Gewerkschaften.
* Die Sozialbeiträge sollen nicht wie bisher ausschließlich auf der Grundlage der Lohnsumme erhoben werden. Die Bemessungsbasis der Unternehmensabgaben soll auch durch eine bruttoertragsabhängigen Faktor ergänzt werden. So haben Unternehmen, die bezogen auf die Beschäftigten überdurchschnittliche Bruttoerträge realisieren, höhere Sozialabgaben zu leisten.
* Wirksame Schritte zur Demokratisierung der Wirtschaft, die die Rechte der Gewerkschaften stärken, weil eine Ausweitung ihres Einflusses auf unternehmerische Entscheidungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen wird. Deshalb fordern wir die Zurückdrängung der Kapitalmacht durch Ausbau der Mitbestimmung am Arbeitsplatz, im Betrieb, in den Aufsichtsräten der Unternehmen und überbetrieblich und regional durch paritätisch besetzte Wirtschafts und Sozialräte, eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes.
Die PDS setzt sich für eine Reform der Ausbildungsfinanzierung
ein, um dieses Recht in der Bundesrepublik durchsetzen zu können
und alle ausbildungsfähigen Betriebe in die Verantwortung zu
nehmen.
Hierzu sind die bundesweiten Kosten betrieblicher Ausbildung über
eine Bezugsgröße auf die einzelnen Betriebe und Verwaltungen
umzulegen und durch die Bundesanstalt für Arbeit einzubeziehen,
wobei die vorhandenen Ausbildungsleistungen im Vorabzug
angerechnet werden.
Die eingezogenen Mittel werden in erster Linie zur
Subventionierung neuer betrieblicher Ausbildungsplätze eingesetzt,
wobei die auf dem Arbeitsmarkt besonders diskriminierten Gruppen
junge Frauen, Menschen ohne deutschen Paß und ,leistungsschwache"
SchulabgängerInnen besonders gefördert werden. Die Verteilung
der Mittel wird von Ausbildungsausschüssen bei den
Verwaltungsausschüssen der Arbeitsämter vorgenommen, um die
Beteiligung der Gewerkschaften sicher zu stellen und die lokalen
Erfahrungen zu nutzen. Der bundesweite Charakter der
Umlagefinanzierung beinhaltet einen Ausgleich zwischen
strukturstarken und strukturschwachen Regionen.
Die Reform der Ausbildungsfinanzierung ist für die PDS eine
wesentliche Bedingung zur Weiterentwicklung des dualen Systems
beruflicher Bildung.
In den EG Vertrag ist daher ein Kapitel zur
Beschäftigungspolitik mit präzisen Zielen und institutionellen
Regelungen aufzunehmen, das durch ein konkretes und abrechenbares
mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm untersetzt werden muß. Um dem
weiteren Abbau von Arbeitsplätzen bei der Herstellung der
Währungsunion entgegenzuwirken, müssen neben den rein
monetaristischen Konvergenzkriterien auch die real wirtschaftliche
Konvergenz sowie die Reduzierung der Arbeitslosigkeit Kriterien
für die Einführung der Währungsunion sein. Weil der
Unterbietungswettbewerb bei Löhnen, Mitbestimmungsrechten und
sozialen Leistungen keine Arbeitsplätze schafft, durch Schwächung
der Kaufkraft die Nachfrage reduziert und Arbeitsplätze bedroht,
muß ihm entgegengewirkt werden. Höhere Masseneinkommen können
Wirtschaftskreisläufe mit Beschäftigungseffekten stimulieren.
Verbindliche Mindeststandards sind ebenso unverzichtbar wie eine
europäische Entsenderichtlinie zur Sicherung gleicher Bezahlung
bei gleichwertiger Arbeit am gleichen Ort.
Der Aufbau einer wirksamen Gegenmacht gegen global agierende
Großunternehmen erfordert die internationale Vernetzung und
Zusammenarbeit der Gegenbewegungen. Bemühungen zur internationalen
Zusammenarbeit von Gewerkschaften, Arbeitsloseninitiativen,
sozialen Bewegungen, linken Parteien und
Umweltschutzorganisationen müssen daher ein besonderer Schwerpunkt
linker Politik sein.
Um die deshalb zunehmende
Armut und die tiefergehende soziale Spaltung zu überwinden, muß
ein neuer Sozialvertrag erkämpft werden, der den aktuellen
Dimensionen der sozialen Frage ebenso gerecht wird wie den
veränderten Bedingungen der kapitalistischen Entwicklung. Moderne
Sozialpolitik kann sich nicht mehr darauf beschränken, ihre Lei
stungen als Ergänzung zu einer lebenslangen Erwerbsbiographie zu
gewähren. Das sogenannte Normalarbeitsverhältnis, das sich am
männlichen Arbeitsleben orientiert, wird für immer weniger
Menschen zur Regel.
Insbesondere Frauen, aber auch Beschäftigte in
Krisenregionen und Branchen, die dem gesellschaftlichen Umbruch
zum Opfer fallen, haben keine Chancen, jene Anwartschaften zu
erwerben, die die bisherigen Sicherungssysteme voraussetzen.
Moderne Sozialpolitik muß vorbeugend handeln, alle Menschen si
chern und ein allgemeines soziales Bürgerrecht verwirklichen. Sie
muß die Handlungsfähigkeit der Individuen stärken und
emanzipatorische Entwicklungen befördern. Die Gestaltung der
Sicherungssysteme muß in erster Linie darauf ausgerichtet sein,
die soziale Bindungskraft der Gesellschaft zu erhalten, Armut wie
Ausgrenzung zu verhindern und die sozialen Risiken der globalen
Umbrüche zu mindern.
Nach dem Verständnis der PDS ist eine moderne Sozialpolitik nicht
nur das Ergebnis, sondern zugleich die Voraussetzung erfolgreichen
Wirtschaftens. Indem der Neoliberalismus die sozialen
Errungenschaften kurzfristigen Profiterwartungen opfert, mißachtet
er sowohl das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes als auch die
Erfordernisse einer zukunftsfähigen Gesellschaft.
Die soziale Grundsicherung soll ein Ausgleich für
die Unfähigkeit der Gesellschaft sein, jeder und jedem einen der
Qualifikation, der persönlichen Lage und der Befähigung
entsprechenden Arbeitsplatz anzubieten. Gleichzeitig soll sie
denjenigen ein Leben auf dem durchschnittlichen sozio kulturellen
Niveau ermöglichen, die aus anderen Gründen keiner
Erwerbstätigkeit nachgehen können.
Wer Erziehungs oder
Pflegearbeit leistet, hat ebenso einen Anspruch auf soziale Grund
sicherung wie Menschen, die sich ganztägig anderen
Gemeinschaftsaufgaben zur Verfügung stellen. Soweit unter der Höhe
der Grundsicherung liegende Anwartschaften aus bestehenden
Sicherungssystemen existieren, werden diese bis zur Höhe der
Grundsicherung aufgestockt. So wird auch bei Altersrenten
verfahren. Existieren gar keine Ansprüche, tritt die
Grundsicherung an die Stelle der bisherigen Hilfe zum
Lebensunterhalt.
Die diskriminierende Bedürftigkeitsprüfung
entfällt. Das bestehende Recht auf Unterhalt durch Eltern oder
Ehegatten bleibt bestehen, darf aber nicht zur Verweigerung von
Grundsicherung führen, wenn die Anspruchsberechtigten eigene Wege
gehen wollen. Das bisherige Kindergeld wird durch einen nach
Lebensalter gestaffelten Grundsicherungsbetrag abgelöst und
erreicht die volle Höhe mit 16 Jahren, sofern die Kinder und
Jugendliche keine darüber liegenden Ansprüche auf Einkünfte haben.
Alternative kommunale Sozialpolitik muß Platz für alternative
Lebensentwürfe und unterschiedliche Kulturen bieten sowie Toleranz
und Vielfalt entwickeln helfen. Dafür ist die Beteiligung von
Menschen mit Migrationserfahrung in der Planung und Gestaltung
solcher Strukturen unerläßlich.
Sozialberichterstattung muß zu einem wichtigen Element einer
alternativen kommunalen Sozialpolitik werden. Die PDS unterstützt
die Aktivitäten von Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und
gesellschaftlichen Gruppen, regionale Armutskonferenzen zu
organisieren.
Die PDS und ihre MandatsträgerInnen in den Kommunen unterstützen
die vielfältigen Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern und die
BürgerInnenbeteiligung, insbesondere in solchen Projekten wie
einer lokalen Agenda 21 und dem Netzwerk "Gesunde Städte".
Die PDS betrachtet den Ausbau der Gemeinwesenarbeit insgesamt als eines der wichtigsten Instrumente öffentlicher Beschäftigungspolitik.
Die zur Verfügung stehenden Instrumentarien zur Eingliederung Schwerbehinderter in Erwerbsarbeit nach dem Schwerbehindertengesetz haben sich für die veränderten Arbeitsmarktbedingungen als völlig unzureichend erwiesen und bedürfen der kritischen Überprüfung.
Die PDS setzt sich dafür ein, daß
* Menschen mit Behinderungen ihren Anspruch auf Arbeit, sinnvolle
Beschäftigung, Bildung und Förderung realisieren können,
* Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt leben können und,
soweit es möglich ist, die benötigte Assistenz und Pflege selbst
organisieren können,
* auch behinderte Menschen mit einem hohem Pflegebedarf
entsprechend ihrer Wahl in einer eigenen Wohnung oder in
betreuten Wohngemeinschaften leben können,
* Eltern die Gewißheit haben können, daß ihre behinderten Kinder
lebenslang begleitet und gefördert werden,
* Behinderte ein Leben mit bedarfsgerechten Hilfsmitteln,
Assistenzen und Pflege inmitten der Gesellschaft ermöglicht
wird,
* Behinderte und ihre Angehörigen nicht in die Armut gedrängt
werden,
* Landesinvestitionspläne für die Behindertenhilfe erstellt und
umgesetzt werden,
Die PDS hält an ihrer Forderung nach einem steuerfinanzierten
Pflege Assistenz Gesetz fest, das den Betroffenen ein
menschenwürdiges Leben unabhängig von Sozialhilfe gewährleistet.
Es ist offensichtlich, daß nur auf Grundlage eines zu schaffenden
Antidiskriminierungsgesetzes das im Grundgesetz postulierte
Diskriminierungsverbot dauerhaft mit Leben erfüllt werden kann.
Dieser beabsichtigte Systembruch in der gesetzlichen Krankenversicherung
hätte unabsehbare Folgen für ihre Mitglieder. Wichtige
Pflichtleistungen der Vorsorge, der Rehabilitation und der
Krankenbetreuung sollen aus dem Sozialgesetzbuch gestrichen
werden. Hohe Zuzahlungen für Kranke gefährden deren ausreichende
Versorgung mit ärztlich gewünschten therapeutischen Maßnahmen.
Die geplante Abschaffung des Sachleistungsprinzips stellt den
endgültigen Durchbruch zur gesundheitspolitisch sanktionierten
Zwei Klassen Medizin dar.
Der offensichtliche Trend zum fortschreitenden Leistungsabbau in
Richtung einer unzureichenden Grundversorgung zwingt die
Versicherten zum Abschluß teurer Zusatzversicherungen, die sich
immer weniger Menschen leisten können.
Die PDS fordert die Beibehaltung vom Solidaritäts und
Sachleistungsprinzip, die Abschaffung jeglicher
Zuzahlungsleistung, die Öffnung der gesetzlichen
Krankenversicherung für alle und höhere Beiträge von
Unternehmensseite.
Die im Gesundheitswesen vorhandenen Rationalisierungsreserven
müssen vor allem durch eine längst überfällige Struktur und
Organisationsreform erschlossen werden. Integrierte, auf Kooperation ausgerichtete Gesundheitszentren und
Versorgungsketten von der Gesunderhaltung bis zur Sterbebegleitung
stehen seit langem auf der politischen Tagesordnung.
Die gesetzlichen Krankenkassen müssen als Interessenvertretung
der Versicherten und Nachfrager medizinischer Leistungen das Recht
erhalten, auf Qualität und Umfang der von ihnen zu finanzierenden
gesundheitlichen Leistungen Einfluß zu nehmen. Nur so können sie
sicherstellen, daß die Beiträge der Versicherten nicht für
überteuerte, überflüssige und medizinisch unsinnige Angebote
verschwendet werden.
Bund, Länder und Kommunen müssen zukünftig entsprechend ihrer
Verantwortung für das gesundheitliche Wohl ihrer BürgerInnen auch
unter Einbeziehung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und seiner
Fachkompetenz zur Sicherstellung ausreichender gesundheitlicher
Angebote mit eingebunden werden. Dazu bedarf es der Einstellung
entsprechender Mittel in die jeweiligen Haushalte.
Eine grundlegende finanzielle Sanierung der gesetzlichen Krankenkassen ist erst dann zu erwarten, wenn ihre Einnahmen durch die Zurückdrängung der Massenarbeitslosigkeit und der hohen Zahl unfreiwillig Teilzeitbeschäftigter sowie der Einführung von Unternehmerbeiträgen für geringfügig Beschäftigte gelungen ist.
Es reicht nicht aus, der Rentenversicherung übertragene
gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die sogenannten
versicherungsfremden Leistungen, über steuerfinanzierte Zuschüsse
zu sichern. Die Rentenkassen sollten auch durch die Anhebung der
Beitragsbemessungsgrenze und die Ausweitung der
Versicherungspflicht aufgefüllt werden. Heute könnten die Weichen
dafür gestellt werden, daß die Beiträge der Arbeitgeber zur
Rentenkasse statt an die Lohnsumme an die Wertschöpfung gebunden
werden. Wenn immer weniger Erwerbstätige immer mehr produzieren,
gibt es keinen hinreichenden Grund, daß immer mehr Ältere immer
weniger bekommen sollen.
Im Gegenteil, die Leistungsseite ist dringend reformbedürftig.
Die derzeit überwiegend lohnbezogene und dynamisierte Rente ist
für viele nicht mehr existenzsichernd, geschweige denn
Lebensstandard sichernd. Notwendig ist vor allem, daß die
Lebensleistung von Frauen endlich über ein verbessertes
Frauenrentenrecht anerkannt wird. Unzureichend ist, daß die
Rentenanpassung allein der Nettolohnentwicklung folgt, sie müßte
auch die Steigerung der Lebenshaltungskosten berücksichtigen. Ein
flexibles Renteneintrittsalter ist nicht mit einer generellen
Höhersetzung und Abstrichen bei früherem Rentenbeginn zu
erreichen. Denkbar sind Lebensarbeitszeitkonten mit variablen
Renteneintrittsmöglichkeiten, die den Arbeitsmarkt entlasten und
die Selbstbestimmung des Einzelnen stärken. Die solidarische
Rentenversicherung darf nicht dem Poker der Standortideologen
geopfert werden, sondern muß durch Umverteilung gestärkt werden.
Deshalb fordert die PDS einerseits, in
internationalen Verträgen Sozialklauseln durchzusetzen und
andererseits, z.B. mit Hilfe der Tobin Steuer, supranationale
Fonds zu schaffen, die den Aufbau nationaler Sicherungssysteme in
den schwächeren Ländern unterstützen. Als eines der wirtschaftlich
mächtigsten Länder müßte die Bundesrepublik einen bedeutenden
Beitrag zum Aufbau sozialer Sicherungssysteme in den anderen
Ländern leisten. Dazu gehört auch, daß sie endlich ihrer
völkerrechtlich eingegangenen Verpflichtung nachkommt, 0,7% des
Bruttosozialprodukts den Ländern des Südens zur Verfügung zu
stellen.
Auch im Integrationsprozeß der EU muß und kann die Bundesrepublik
auf die Herausbildung einer europäischen Sozialunion drängen. Ihre
Verwirklichung erfordert eine vertraglich fixierte EU
Sozialpolitik, mit der angestrebt wird, das Niveau der sozial
fortgeschrittensten Länder für alle zu erreichen. Statt dessen
blockiert die Bundesregierung das 4. Armutsbekämpfungsprogramm und
widersetzt sich sogar bereits beschlossenen Maßnahmen. Die PDS
setzt sich gemeinsam mit der europäischen Linken dafür ein, eine
entsprechende Änderung des Maastricht Vertrages durchzusetzen.